Slicer – handgemachtes Custom Knife von Stefan Galovic
Zweihand-Messer mit Back Lock und MagnaCut Klingenstahl
Speziell für uns hat Stefan Galovic ein Zweihandmesser mit dem zurzeit äußerst begehrten CPM MagnaCut Klingenstahl gebaut: das Slicer. Ziel war es, ein führfähiges Alltagsmesser zu entwerfen, das vor allem durch eine hohe Schärfe und seine EDC-Tauglichkeit besticht. Wie es Stefan schaffte, dass sein „Slicer“ auch wahrlich ein richtiger „Schneidteufel“ geworden ist, lest ihr weiter unten im Text.
Stefan ist ein Messermacher aus der Slowakei und bereits seit Jahrzehnten in dieser Profession erfolgreich tätig. Seit 2017 ist er sogar so erfolgreich damit, dass das Messermachen zu seinem Hauptberuf geworden ist. Seine Vorliebe für gut durchdachte Lösungswege spiegelt sich auch in seinem Hobby Schach wider: Hier war Stefan viele Jahre erfolgreich als Turnierspieler unterwegs. Diese Vorgeschichte erklärt auch die Wahl seines Logos: Sowohl auf der Klinge als auch auf dem Karton, in dem das Messer geliefert wird, ist ein Turm abgebildet. Im Schach ist der Turm nach der Dame die stärkste Figur auf dem Feld.
Stefan schafft mit seinen Messer-Designs immer wieder aufs Neue, was ansonsten nur wenigen anderen Messermachern gelingt: Seine Messer weisen alle Merkmale des handgemachten, traditionellen Klappmesserbaus auf, überzeugen aber gleichzeitig mit modernsten Materialien. Gerade sein Slicer weiß hier zu punkten wie kein anderes seiner Arbeiten. Wirkt es auf den ersten Blick eher schlicht und klassisch, überrascht einen der zweite dann jedoch umso mehr. Beim Slicer wurde einer der modernsten und zurzeit überall auf der Welt heißbegehrtesten Klingenstähle verarbeitet.
Das Slicer ist ein §42a-konformes Messer, das mit zwei Händen geöffnet werden muss und durch einen Back Lock verriegelt; damit darf es auch in Deutschland legal in der Öffentlichkeit geführt werden (Stand November 2022; keine Rechtsauskunft). Der einseitig platzierte und eher unauffällige Nagelhau sowie der großzügig über die Griffschalen hinausragende Klingenrücken machen einem das schnelle und sichere Öffnen leicht.
Beim Schließen des Messers gibt es keinen Sicherheitsstopp: Wird der Back Lock entriegelt, fällt die Klinge nahezu frei unter ihrem eigenen Gewicht zu. Sollte man das Schließen der Klinge einhändig vornehmen, ist es nach eigener Erfahrung sehr ratsam, sämtliche noch benötigten Gliedmaßen aus der Fallbahn der Klinge zu schaffen. Das Slicer beißt! Nicht schmerzhaft (genauso wie man es eben von einer äußerst scharfen Klinge erwarten würde), die Schnittstelle blutet aufgrund ihrer Tiefe aber umso mehr. Warum das Slicer so bissfreudig ist, erklären wir euch gleich.
Für die Griffschalen hat Stefan ein besonders schönes Arizona Ironwood, zu Deutsch „Eisenholz“, ausgewählt. Der Name ist hierbei Programm: Da es in Arizona sehr warm und trocken ist, haben es Pflanzen dort eher schwer zu wachsen. Der Eisenholzbaum aber schafft es! Entsprechend hoch ist seine Dichte: Es geht in Wasser unter! Dass es zudem noch äußerst hart und robust ist, verhalf dem Holz zu seinem Namen. Die Vorteile für den späteren Nutzer sind gleichzeitig die Nachteile für den Macher. Wüsteneisenholz ist deutlich anspruchsvoller in der Verarbeitung als die meisten anderen Hölzer. Die einzigartige Maserung, die das Holz am Ende zeigt, ist der Lohn zweier Anstrengungen: die des Baumes beim Wachsen und die des Messermachers beim Bearbeiten.
Aufgrund seiner Konstruktion ist es eher unwahrscheinlich, dass Fremdkörper in das Innenleben eindringen. Flüssige Verschmutzungen, wie bspw. Fruchtsaft vom Schneiden eines Apfels, können einfach unter warmem Wasser weggespült werden. Das Wüsteneisenholz nimmt einen kurzzeitigen Kontakt mit Wasser nicht übel: Es ist außerordentlich engfaserig gewachsen und besitzt zudem einen natürlich hohen Anteil an Öl. Um ganz sicher zu gehen, hat Stefan die Griffschalen noch zusätzlich mit Öl versiegelt. Die Bronze-Washer, auf denen die Klinge läuft, sind selbstschmierend und benötigen keine besondere Pflege.
Die Griffschalen werden dabei mit zwei Torx T10 Schrauben fest mit den darunter liegenden Metall-Linern aus 1.4116 Stahl verbunden. Der Backspacer und Back Lock wurden aus 1.4034-Stahl gefertigt. Alle Bauteile sind natürlich gehärtet und durch Stefan so behandelt worden, dass sie die gleiche Farbe und Optik wie der Klingenstahl aufweisen. Damit wären wir auch bei dem wohl hervorstechendsten Merkmal des Slicers angekommen: dem Klingenstahl!
Seit Dr. Larrin Thomas (auch bekannt als der „Knife Steel Nerd“) seinen MagnaCut im März 2021 vorstellte, erlebt die Messerwelt bis heute ein heftiges Nachbeben. Auch wenn seine Komposition das Stahl-Rad nicht per se neu erfunden hat, schaffte er mit seinem MagnaCut jedoch, was anderen Stahlherstellern jahrzehntelang nicht gelungen ist: eine Evolution, die einer Revolution gleichkommt. MagnaCut ist im Grunde „einfach“ nur ein im Detail perfekt abgestimmter und optimierter Pulverstahl von CPM (Crucible Particle Metallurgy). Er vereinigt die zwei wesentlichen Stahlattribute „Härte“ und „Zähigkeit“ in einem solchen Maße, wie sie bislang bei bisher bekannten Messerstählen nicht gleichzeitig realisiert werden konnten.
Zur Erklärung: Zähigkeit und Härte stehen sich, stark vereinfacht ausgedrückt, bei der Stahlkomposition als Gegner gegenüber. Bei herkömmlichen Stählen nimmt die Zähigkeit des Materials ab, je mehr der Hersteller die Härte fördern möchte. Dieser Effekt tritt bei modernen pulvermetallurgischen Stählen ebenso auf wie bei klassischen Schmiede- und Kohlenstoffstählen. Nicht umsonst gilt unter Schmieden und Messermachern nach wie vor die alte Weisheit „je härter, desto spröder“. Man denke als einfaches Beispiel dabei an Glas: Glas hat eine sehr harte, kratzerunempfindliche Oberfläche, es zerbricht jedoch sehr schnell.
Mit dem MagnaCut ist es jedoch erstmals gelungen, diese gegenläufige Abhängigkeit zwischen Härte und Zähigkeit zu überwinden. Die Klinge des Slicers konnte bis auf 63,5 HRC gehärtet werden, ohne dass die Zähigkeit des Stahls signifikant abgenommen hätte oder die Bruchgefahr der Klinge gestiegen wäre. Selbst bei dieser außerordentlich hohen Härte von knapp 64 HRC weist der MagnaCut Stahl sogar noch deutlich bessere Zähigkeitswerte auf als vergleichsweise ein CPM-S45VN, Elmax, RWL34 oder M390 (deren Härtegraden mit ca. 59 bis max. 61 HRC wohlgemerkt in der Regel merklich geringer sind).
Die von Larrin Thomas verwendete Legierung ist dabei an sich kein Geheimnis; die Zusammensetzung ist veröffentlicht worden. Dabei überraschten weder irgendwelche exotischen Komponenten noch extreme Mengenverhältnisse. Die Leistung von Dr. Thomas liegt eher in einem perfektionistischen Fein-Tuning einer bereits bekannten Zusammensetzung sowie in der speziellen Verfahrenstechnik zur Herstellung. Im Gegensatz zur Rezeptur hat er zum Verfahren jedoch keine Informationen preisgegeben. Wer metallurgisches Interesse hat und Details hierzu nachlesen möchte, findet alles Notwendige (und noch einiges mehr) unter dem Stahl-Blog von Dr. Larrin Thomas:
https://knifesteelnerds.com/2021/03/25/cpm-magnacut/
Im europäischen Raum ist Stefan Galovic einer der Vorreiter, der diesen neuen Stahl aus Überzeugung einsetzt.
Stefan selbst sagte uns hierzu folgendes:
„MagnaCut war eine positive Überraschung. Bis jetzt war der M390 von Böhler mein Standard-Stahl. Ich habe mehr als 300 Klappmesser aus dieser Stahlsorte gemacht und per Hand Ausschliff und Finish hergestellt. MagnaCut lässt sich deutlich leichter bearbeiten und polieren, er lässt sich einfacher schärfen und die Schneidfase ist aggressiver. Das alles bei einer höheren Härte von 63-64 HRC, während der M390 bei nur 60 HRC liegt. Für mich liegt der MagnaCut in der Realität näher an ‚Vanadis 4 Extra‘ als an M390. Der Herr Larrin Thomas hat eine starke Arbeit geleistet.“
Stefan plant daher langfristig komplett auf MagnaCut überzugehen und seinen jahrelang geliebten M390 aufzugeben. Die äußerst schlechte Verfügbarkeit ist zurzeit jedoch noch eine große Hürde. Zum Zeitpunkt des Erscheinens des Slicers (November 2022) war in Europa bei keinem der bekannten Stahlhändler und -importeure, MagnaCut-Rohmaterial zu bekommen.
Um ein Messer mit hervorragenden Schneideigenschaften herzustellen, benötigt man neben hervorragenden Zutaten allerdings auch eine hervorragende Umsetzung. Stefans Handwerkskunst und jahrzehntelange Erfahrung kommen beim Slicer voll zum Tragen; um unseren Schneidteufel zu kreieren, hat er alle Register gezogen:
Die Schneide wurde mit einem äußerst schlanken Schleifwinkel von nur 15 Grad versehen. Bei „normalen“ Alltagsmessern sind „gröbere“ Schleifwinkel von 20 bis 25 Grad eher gebräuchlich, da sie robuster sind. Es gilt die Faustformel: Je geringer (flacher) der Schleifwinkel, umso schärfer ist das Messer, doch umso schneller leidet die Schnitthaltigkeit und umso häufiger muss der Nutzer nachschärfen. Die von Stefan verwendeten 15 Grad findet man daher eher bei einem hochwertigen Kochmesser als bei Taschenmessern. Sein Schleifwinkel und die Symmetrie zwischen beiden Klingenseiten ist dabei makellos ausgeführt worden und offenbart auch bei genauestem Hinschauen keine Fehler.
Beim Slicer mit MagnaCut handelt es sich demnach nicht um ein gewöhnliches EDC-Messer; Stefan wollte bewusst die hervorragenden Eigenschaften des MagnaCut zu 100% ausnutzen. Auch wenn das Slicer kein Kochmesser, sondern ein robustes, alltagstaugliches EDC ist, schneidet es wie ein solches, ohne dessen Empfindlichkeit in der Schneide zu haben. MagnaCut sei Dank! Unterhalb der Schneidphase setzte Galovic zudem noch einen Hohlschliff mit großem Radius an, der die 95mm lange und 3,4mm starke Klinge nur noch schneidfreudiger macht. Dass die Schneidkanten (und auch nur diese) zudem noch auf Hochglanz poliert wurden, hilft nochmals mehr dabei, die Klinge mit Leichtigkeit durch Schnittgut aller Art gleiten zu lassen und macht dem Namen „Slicer“ alle Ehre.
Gerade die Kombination aus Stefans perfektem händischen Anschliff, seiner Klingengeometrie, dem kleinen Schleifwinkel, dem Hohlschliff und der polierten Schneide ermöglichen es erst, das volle Potential des MagnaCuts auszunutzen, ohne die Alltagstauglichkeit des Messers oder die Standfestigkeit der Schneidkante aufs Spiel zu setzen.
Die großzügig bemessene und in einem sanften Schwung ausgeführte Daumenauflage auf dem Klingenrücken (ohne zusätzliches Jimping) verhindert in Verbindung mit der ausgeprägten Fingermulde und dem langen, breiten Griff ein Verrutschen des Messers in der Hand. Ein auf den ersten Blick eher unscheinbares Taschenmesser, das sich jedoch im Alltag aufgrund seiner Ausführungsdetails und dem verwendeten Klingenstahl schnell als ein hervorragendes EDC beweist. Das feine Stonewash-Finish der Klinge nimmt dem Nutzer die Angst, Gebrauchsspuren oder Flecken zu hinterlassen; die nahezu unverwüstliche Schnitthaltigkeit sollte Motivation genug sein, das Messer artgerecht täglich im Alltag einzusetzen.
Ausgeliefert wird das Slicer in einem wertigen Karton mit Logo des Designers und einer Karte, die teilweise die untenstehenden Spezifikationen auflistet.
Technische Daten
Klinge: CPM MagnaCut, gehärtet auf 63,5 HRC
Schleifwinkel: 15 Grad pro Seite
Finish: dunkles stonewash
Klingenlänge: 95 mm / 3.7“
Klingenstärke: 3,4 mm / 0.13"
Griffmaterial: Arizona Eisenholz
Verriegelung: Back Lock
Washer: Bronze
Geschlossene Länge: 120 mm / 4.7“
Gesamtlänge: 210 mm / 8.3“
Gesamtdicke: 35 mm / 1.4
Gewicht: 140g / 4.9 oz